Netzneutralität

Unter Netzneutralität versteht man die gleichberechtigte Datenübermittlung im Internet. Unabhängig von welchem Absender, Empfänger oder Inhalt müssen Daten mit der gleichen Geschwindigkeit bearbeitet werden.

Das bedeutet nicht, dass die technischen Voraussetzungen und die Downloadrate überall gleich sein müssen, sondern nur dass die Funktionsweise der Datennetze und die Übertragung im Internet gleichwertig behandelt werden.

Völlige Netzneutralität oder nach Dienst

Dabei unterscheidet man zwischen völliger Netzneutralität, bei der jede Art von Übertragung gleich behandelt. In einem solchen „egalitären Netz“ wird nicht nach Dienst unterschieden wird. Netzneutralität kann aber auch bedeuten, dass gleiche Dienste gleich behandelt werden müssen. Hier müssen zum Beispiel alle Telefonate oder alle Webseiten die gleiche Priorität haben.

Dieses Modell ist viel realistischer als die „absolute Netzneutralität“, weil unterschiedliche Dienste unterschiedliche Anforderungen an die Übertragungsgüte (QoS) haben. So benötigen Echtzeitdienste wie Videotelefonie oder Online-Games eine niedrige Latenz, während diese bei einer E-Mail keine wesentliche Rolle spielt. Die Bevorzugung mancher Dienste dient der Qualitätssicherung. Gleichzeitig ist man aber wegen Wettbewerbsverzerrung und Zensurbedenken in der Zwickmühle.

Freies Netz und freier Wettbewerb

Netzneutralität garantiert ein freies Internet. Denn wenn Provider Einfluss auf die Verteilung nehmen, können sie eigene Interessen durchsetzen. So entstünde ein zweigeteiltes Internet. Dies würde zu starken Wettbewerbsverzerrungen führen, sobald einige Dienste bevorzugt würden. Etwa ein Musikstreamingdienst, der gegenüber einem Konkurrenten bevorzugt würde. Der Konkurrent könnte durch langsame Downloadraten etwa gezwungen werden, auch eine teure Vereinbarung mit dem Provider zu schließen um seine Kunden zu erhalten.

Mit der Priorisierung könnten die Netzanbieter darüber entscheiden, welches Angebot überhaupt in guter Qualität erreichbar ist und hierüber eine Vorauswahl treffen – MVNOs würden dabei das Nachsehen haben. Auch wenn die Netzanbieter die Netzwerke finanzieren, so wird der Netzausbau doch sehr stark von der öffentlichen Hand mitbezahlt. Und auch für die Nutzung zahlen die Kunden ohnehin.

Zensurgefahr

Gefährlich ist aber vor allem, dass hier ein Eingriff auf den Inhalt droht. Denn Datenpakete könnten dann im Sinne der Prioritätenvergabe genauer inspiziert, statt nur transportiert zu werden. Ein Horroszenario ohne Netzneutralität könnte so aussehen: Netflix am Abend? Nicht lebensnotwendig, also ganz runtergestellt. Täglich mehr als ein Anruf zur Familie? Nicht nötig, wird daher nicht verbunden. Ein paar sexy Bilder von der Freundin? Die Inhalte werden geschwärzt, weil der Betreiber sie als anstößig empfindet. Politische Seiten, die Parteiprogramme kritisieren? Können nicht mehr laden. Fällt die Netzneutralität, kann es schnell zur Zensur kommen.

Datenstau

Das Problem der Netzneutralität ist aber, dass unterschiedliche Dienste unterschiedliche Ansprüche haben. Und ständig Dienste dazukommen, da das Internet der Dinge (IoT) immer mehr umfasst. Vom intelligenten Staubsaugerroboter bis zum Smart Car. Eine smarte Heizung benötigt aber doch andere Latenzen und Übertragungsraten als zum Beispiel Streaming. Daher ist es durchaus sinnvoll die Dienste in unterschiedliche Gruppen einzuteilen, damit es nicht zu Datenstaus kommt. Denn wenn jeder Dienst die gleichen Ressourcen erhält, brechen die Netze bald zusammen.

Kommt es aber zu einem „Datenstau“ dann brechen manche Dienste zusammen und sind nicht mehr nützbar. Gerade Echtzeitanwendungen sind hier empfindlich, während nicht zeitkritische Anwendungen hier viel mehr Spielraum haben, ohne dass es Probleme gibt.

Die EU und die Netzneutralität

Seit 2013 befasst sich auch die Europäische Union mit der Netzneutralität, wobei die ersten Vorschläge dermaßen Provider-orientiert waren, dass aufgrund der berechtigten Kritik, schon im Folgejahr viele Regelungen wieder zurückgenommen wurden. Schließlich einigte man sich auf eine Kompromisslösung – mit dem Schönheitsfehler, dass diese leider widersprüchlich ist: Die EU-Verordnung über Maßnahmen zum offenen Internet möchte zwar die „Wahrung der gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Behandlung des Datenverkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten“, gleichzeitig aber gibt es eine Reihe von Einschränkungen. Besonders kritisiert wurden hier:

  • Zero Rating: Hier wird das Datenvolumen für spezielle Internetdienste nicht vom vertraglich festgelegten Datenvolumen abgezogen. Da hier einzelne Anbieter eine Bevorzugung erhalten, widerspricht dies der Netzneutralität und verzerrt den Wettbewerb.

  • Spezialdienste: Provider dürfen Spezialdienste mit höherer Übertragungsrate priorisieren, wenn diese zusätzlich zu dem offenen Internet angeboten werden. Was ein Spezialdienst ist, wird allerdings in der Verordnung nicht eindeutig definiert.

  • Traffic-Management: Netzanbieter dürfen einzelne Dienste bevorzugt behandeln und auch die Geschwindigkeit von gewissen Dienste absichtlich drosseln. Hier gibt es keine festgelegten Regulierungsmaßnahmen.

( Artikel veröffentlicht: 23.11.2020 )

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Über die Autorin
Geschrieben von Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Victoria ist technische Redakteurin bei tarife.at. Sie bringt hochkomplizierte, technische Begriffe in eine verständliche Sprache. Unterstützung bekommt die Technik-Liebhaberin von ihrem Büro-Hund, Herr Baron 🐶.

Häufige Fragen zum Thema Netzneutralität

Netzneutralität garantiert ein freies Internet. Denn wenn Provider Einfluss auf die Verteilung nehmen können sie eigene Interessen durchsetzen. So entstünde ein zweigeteiltes Internet. Dies würde zu starken Wettbewerbsverzerrungen führen, sobald einige Dienste bevorzugt würden. Etwa ein Musikstreamingdienst, der gegenüber einem Konkurrenten bevorzugt würde. Der Konkurrent könnte durch langsame Downloadraten etwa gezwungen werden eine teure Vereinbarung mit dem Provider zu schließen um seine Kunden zu erhalten.

Mit der Priorisierung könnten die Netzanbieter darüber entscheiden welches Angebot überhaupt in guter Qualität erreichbar ist und hierüber eine Vorauswahl treffen – MVNOs würden dabei das Nachsehen haben. Auch wenn die Netzanbieter die Netzwerke finanzieren, so wird der Netzausbau doch sehr stark von der öffentlichen Hand mitbezahlt. Und für die Nutzung zahlen die Kunden ohnehin. Gefährlich ist aber vor allem, dass hier ein Eingriff auf den Inhalt droht. Denn Datenpakete könnten dann im Sinne der Prioritätenvergabe genauer inspiziert, statt nur transportiert zu werden.

Ein Horroszenario ohne Netzneutralität könnte so aussehen: Netflix am Abend? Nicht lebensnotwendig, also ganz runtergestellt. Täglich mehr als ein Anruf zur Familie? Nicht nötig, wird daher nicht verbunden. Ein paar sexy Bilder von der Freundin? Die Inhalte werden geschwärzt, weil der Betreiber sie als anstößig empfindet. Politische Seiten, die Parteiprogramme kritisieren? Können nicht mehr laden. Fällt die Netzneutralität kann es schnell zur Zensur kommen.


Das Problem der Netzneutralität ist aber, dass unterschiedliche Dienste unterschiedliche Ansprüche haben. Und ständig Dienste dazukommen, da das Internet der Dinge (IoT) immer mehr umfasst. Vom intelligenten Staubsaugerroboter bis zum Smart Car. Eine smarte Heizung benötigt aber doch andere Latenzen und Übertragungsraten als zum Beispiel Streaming. Daher ist es durchaus sinnvoll die Dienste in unterschiedliche Gruppen einzuteilen, damit es nicht zu Datenstaus kommt. Denn wenn jeder Dienst die gleichen Ressourcen erhält, brechen die Netze bald zusammen.

Kommt es aber zu einem „Datenstau“ dann brechen manche Dienste zusammen und sind nicht mehr nützbar. Gerade Echtzeitanwendungen sind hier empfindlich, während nicht zeitkritische Anwendungen hier viel mehr Spielraum haben, ohne dass es Probleme gibt.


Seit 2013 befasst sich auch die Europäische Union mit der Netzneutralität, wobei die ersten Vorschläge dermaßen Provider-orientiert waren, dass aufgrund der berechtigten Kritik, schon im Folgejahr viele Regelungen wieder zurückgenommen wurden. Schließlich einigte man sich auf eine Kompromisslösung – mit dem Schönheitsfehler, dass diese leider widersprüchlich ist: Die EU-Verordnung über Maßnahmen zum offenen Internet möchte zwar die „Wahrung der gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Behandlung des Datenverkehrs bei der Bereitstellung von Internetzugangsdiensten“, gleichzeitig aber gibt es eine Reihe von Einschränkungen.

Besonders kritisiert wurden hier:

  • Zero Rating: Hier wird das Datenvolumen für spezielle Internetdienste nicht vom vertraglich festgelegten Datenvolumen abgezogen. Da hier einzelne Anbieter eine Bevorzugung erhalten, widerspricht dies der Netzneutralität und verzerrt den Wettbewerb.
  • Spezialdienste: Provider dürfen Spezialdienste mit höherer Übertragungsrate priorisieren, wenn diese zusätzlich zu dem offenen Internet angeboten werden. Was ein Spezialdienst ist, wird allerdings in der Verordnung nicht eindeutig definiert.
  • Traffic-Management: Netzanbieter dürfen einzelne Dienste bevorzugt behandeln und auch die Geschwindigkeit von gewissen Dienste absichtlich drosseln. Hier gibt es keine festgelegten Regulierungsmaßnahmen.

Unter Netzneutralität versteht man, die gleichberechtigte Datenübermittlung im Internet. Unabhängig von welchem Absender, Empfänger oder Inhalt müssen Daten mit der gleichen Geschwindigkeit bearbeitet werden.

Das bedeutet nicht, dass die technischen Voraussetzungen und die Downloadrate überall gleich sein müssen, sondern nur dass die Funktionsweise der Datennetze und die Übertragung im Internet gleichwertig behandelt werden.

Dabei unterscheidet man zwischen völliger Netzneutralität, bei der jede Art von Übertragung gleich behandelt wird. In einem solchen „egalitären Netz“ wird nicht nach Dienst unterschieden wird. Netzneutralität kann aber auch bedeuten, dass gleiche Dienste gleich behandelt werden müssen. Hier müssen zum Beispiel alle Telefonate oder alle Webseiten die gleiche Priorität haben. Dieses Modell ist viel realistischer als die „absolute Netzneutralität“, weil unterschiedliche Dienste unterschiedliche Anforderungen an die Übertragungsgüte (QoS) haben. So benötigen Echtzeitdienste wie Videotelefonie oder Online-Games eine niedrige Latenz, während diese bei einer E-Mail keine wesentliche Rolle spielt. Die Bevorzugung mancher Dienste dient der Qualitätssicherung. Gleichzeitig ist man aber wegen Wettbewerbsverzerrung und Zensurbedenken in der Zwickmühle.