Steamingdienste sollen Netzkosten mitzahlen

verfasst am 17.1.2022
Steamingdienste sollen Netzkosten mitzahlen

Telekom-CEOs plädieren für Beitrag in Form einer Gigabit-Infrastrukturabgabe. Dieser soll, nach dem Verursacherprinzip, von Netflix, Amazon Prime und Co. bezahlt werden.

Laut der Internetoffensive Österreich profitieren vor allem Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ von der digitalen Infrastruktur Österreichs. Die drei Telekommunikations-Unternehmen A1 Telekom Austria, Magenta Telekom und Hutchison Drei Austria sprechen sich daher dafür aus, Technologieplattformen künftig an den Netzkosten in Form einer Gigabit-Infrastrukturabgabe zu beteiligen.

Um den flächendeckenden Breitbandausbau zu beschleunigen, sollte die Finanzierungslücke durch jene geschlossen werden, die von der digitalen Infrastruktur auch am meisten profitieren. Dieser Kostenbeitrag könnte zweckgewidmet direkt in den Breitbandausbau fließen und so zur Nachhaltigkeit des digitalen Ökosystems beitragen.

Marcus Grausam
CEO A1 Telekom Austria

50 Prozent mehr Datenvolumen seit 2019

Die Anforderungen an die heimischen Netze stiegen mit Pandemiebeginn abrupt an. Seitdem wächst der Verbrauch von Datenvolumen stark. Insgesamt kann eine Steigerung von 50 Prozent des Datenverkehrs verzeichnet werden.

Das Volumen des Datenverkehrs der drei Netzbetreiber stieg von rund 5,6 Mio. Terabyte im Jahr 2019 auf rund 8,6 Mio. Terabyte im Jahr 2020 im Festnetz- und Mobilbereich an – ein Anstieg von über 50 Prozent.

Mittlerweile machen Videoinhalte rund 70 bis 80 Prozent des Internetverkehrs aus. Sprachtelefonie hält hingegen nur noch einen geringen Anteil. So sieht die Internetoffensive Österreich vor allem die Nutzung von Videodiensten dafür verantwortlich, dass ein immer größerer und schnellerer Ausbau der Netze nötig ist.

Damit digitale Investitionen in Österreich, aber auch in Europa, nachhaltig sind und heimische digitale Dienste gedeihen können, muss sichergestellt werden, dass Wertschöpfung dort gebunden wird, wo sie passiert. Wenn wir es nicht schaffen, ein faires Verursacherprinzip im Datenökosystem zu implementieren, dann degradiert sich Europa zum reinen Infrastrukturbereitsteller, bei dem die Bevölkerung für die Infrastrukturkosten aufkommt, und nicht jene Unternehmen, die sie auch verursachen.

Andreas Bierwirth
CEO Magenta Telekom Austria

Laut Bewegtbildstudie 2021 der RTR streamen die Österreicherinnen und Österreicher bereits 52 Minuten täglich Videos aus reinen Online-Quellen. Bereits ein Viertel des täglichen Bewegtbildbedarfs wird online konsumiert. Meist wird der Datenverkehrs von großen US-Streaming-Plattformen generiert.

Hohe Kosten für Netzausbau

Die laufenden Netzwerkinvestitionen dafür trägt der heimische Telekommunikationssektor und die privaten Haushalte über ihre Internettarife. Streaming-Plattformen nutzen die Infrastruktur hingegen kostenlos.

Knapp 700 Millionen Euro werden derzeit jährlich in die heimische Netzinfrastruktur investiert. Rund drei Milliarden Euro an privatem Kapital fließen in den österreichweiten 5G-Ausbau. Beim Glasfaserausbau in Österreich geht man zusätzlich von einer Investitionslücke in Höhe von 5 Milliarden Euro aus.

Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass die digitale Infrastruktur kritisch dafür ist, gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse aufrecht zu erhalten – Österreich und Europa müssen mit proaktiver digitaler Standortpolitik das Investitionsklima verbessern, um die notwendigen privaten Investitionen zu stimulieren, die für den flächendeckenden Gigabit-Ausbau und ein nachhaltiges digitales Ökosystem essenziell sind.

Rudolf Schrefl
CEO Hutchison Drei Austria

Eine Gigabit-Infrastrukturabgabe nach dem Verursacherprinzip würde neben den Netzüberlastungskosten erstmals auch die gesamten sozialen Kosten des Datenverkehrs erfassen, insbesondere die durch CO2-Emissionen beim Energieverbrauch entstandenen Umweltkosten.

Streaming und CO2

Nicht nur in Österreich, auch auf europäischer Ebene werden Stimmen nach einer proaktiven Wettbewerbspolitik der digitalen Infrastruktur laut. Das liegt nicht nur an den Beziehungen zwischen den globalen Technologiegiganten und den Netzen der EU. Auch hier blickt man auf die durch CO2-Emissionen beim Energieverbrauch entstandenen Umweltkosten.

Eine angestrebte CO2-Neutralität des IKT-Sektors sieht man nur dann möglich, wenn die direkten und indirekten Kosten der Datenökonomie effizient nach dem Verursacherprinzip bepreist und damit verantwortet werden.

Übrigens hilft ein schneller Tarif dabei, CO2 zu sparen: Denn in einem langsameren Netz ist die Umweltbelastung tatsächlich viel höher. Nur zum Vergleich: Eine Stunde Streaming im 3G-Netz entspricht einem Ausstoß von 90 Gramm CO2. Mit 4G sind es hingegen nur noch 13 Gramm pro Stunde, mit 5G sogar nur 5 Gramm CO2. Mehr dazu in unserem Ratgeber Streaming: Umwelt schonen, Strom sparen.

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Über die Autorin
Geschrieben von Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Victoria ist technische Redakteurin bei tarife.at. Sie bringt hochkomplizierte, technische Begriffe in eine verständliche Sprache. Unterstützung bekommt die Technik-Liebhaberin von ihrem Büro-Hund, Herr Baron 🐶.